TATTOO-STUDIOS
Wie werden Menschen
mit HIV
diskriminiert?
Wie werden Menschen mit HIV diskriminiert?
Auch die Tattoo-Szene ist nicht frei von Diskriminierung und Falschinformation.
So werden Kund*innen häufig im Anmeldeformular nach ihrem HIV-Status gefragt oder Menschen mit HIV werden sogar ganz vom Tätowieren ausgeschlossen. Dafür gibt es aber überhaupt keinen Grund: Beim professionellen Tätowieren reichen die Standard-Hygienemaßnahmen vollkommen aus, um Übertragungen von HIV oder Hepatitis B/ Hepatitis C zu verhindern.
Diego,
Tattoo Artist INTERVIEW
Diego, was machst du?
Ich zeichne auf der Haut, das ist mein Traumjob. Zuerst entwerfe ich meine Designs digital auf dem Tablet oder auf Papier. Im nächsten Schritt kommt dann die Haut.
​
Was für Tattoos sind das?
Meine Arbeiten sind eher minimalistisch, meistens nur ein paar Linien. Ich mache auch Schattierungen und Farbe, aber zu 90 Prozent arbeite ich mit meinen eigenen Designs.
Mein zentrales Thema ist queere Erotik. Ich mache auch andere Sachen, aber mein Schwerpunkt liegt auf Sexualität. Das hat sicher auch mit mir selbst zu tun, ich bin selbst sehr präsent in meiner Kunst. Ich habe einen guten Draht zu meinen Kunden, die ja eben für diese Motive zu mir kommen.
Wie wird man queerer Tattoo Artist?
Ich habe keine formale Ausbildung, ich habe aber immer schon gezeichnet und gemalt. Das Tätowieren habe ich erst einmal über Youtube und Google gelernt. Meine erste Maschine habe ich mir bei Amazon bestellt und dann auf meinen Beinen ausprobiert.
Ich finde es verrückt, dass ich Geld mit meinen Zeichnungen verdiene. Die gibt es auf Papier, plötzlich auch auf der Haut und man kann ihnen theoretisch überall begegnen.
​
Welche Rolle spielt HIV bei deiner Arbeit?
Beim Tätowieren spielt HIV für mich keine Rolle! Null! Wir arbeiten zu viert in einem kleinen Atelier, das ist ein Safe Space für queere Menschen. Aber ich weiß, dass Kunden in den Formularen von manchen anderen Studios gefragt werden, ob sie HIV-positiv sind. Aber das ist Privatsache, das geht niemanden etwas an.
Hast du schon mal Kolleg*innen aufgeklärt?
Ja, ein paar Mal. Da ging es um falsche Infos zum Ansteckungsrisiko. Das ist nicht immer angenehm, weil es ja nicht meine Rolle ist und es sein kann, dass die Leute nicht unbedingt offen sind für neue Informationen.
Was bedeutet es für dich, ein Ally zu sein?
Ich versuche immer, die Dinge durch die Augen der anderen zu sehen. Wo gibt es Diskriminierung und wie kann ich selbst dagegen vorgehen? Manchmal hilft schon ein bisschen Information. Für mich vielleicht eine Kleinigkeit, aber für andere kann das viel bedeuten.
Erfährst du selbst auch Diskriminierung? Wo würdest du dir Allys wünschen?
Auf jeden Fall, auch wenn ich mir nicht immer sicher bin, was genau das Motiv ist. Ich bin überall tätowiert, auch im Gesicht. Für mich ist es ok, wenn die Leute gucken. Für Kinder ist das wie ein Bilderbuch. Aber es gibt eine Grenze, dann ist es keine freundliche Neugier mehr. Manchmal schauen mich die Leute im Supermarkt an, als wäre ich kriminell. Das macht mich ein bisschen traurig.
WIE KANN ICH ALLY SEIN?
HOT
FACTS
Du stichst Tattoos oder
lässt dich tätowieren?
Beim Tätowieren sind die Standard-Hygienemaßnahmen vollkommen ausreichend. Wenn das Studio professionell arbeitet, ist die Frage nach einer HIV-Infektion überflüssig.
Du kannst also Ally für Menschen mit HIV sein, in dem du die Frage danach aus deinem Erstgespräch oder Fragebogen streichst. Oder: Wenn du dich tätowieren lassen willst, sprich die Mitarbeiter*innen im Studio darauf an und erzähle Ihnen von den Fakten!
Faktencheck Tätowieren, Piercen und HIV
Worauf muss ich beim Tätowieren und Piercen achten?
Es gibt keine besonderen Hygieneregeln für Menschen mit HIV. Du musst immer davon ausgehen, dass Menschen Infektionserkrankungen haben, von denen sie nichts wissen – zum Beispiel auch eine Hepatitis B oder C. Wenn du dich an die bestehenden Hygieneregeln hältst, kannst du das Risiko der Übertragung von Krankheiten auf ein Minimum reduzieren.
Was sind wichtige persönliche Hygiene-Regeln?
​
-
Beim Tätowieren Einmalhandschuhe benutzen
-
Kleidung mit Tüchern oder Schürzen schützen
-
Impfung gegen Hepatitis A und B wird empfohlen
-
Bei Verletzung mit gebrauchten Nadeln, Wunde ausbluten lassen, desinfizieren und Durchgangs*ärztin aufsuchen
-
Hygieneplan einführen, in dem alle wichtigen Informationen übersichtlich zusammengestellt sind
Gesetzliche Grundlage sind die „Verordnungen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten“ der jeweiligen Bundesländer. Die lokalen Gesundheitsämter sind als Aufsichtsbehörde für die Einhaltung der Hygienemaßnahmen verantwortlich.
Quelle: https://www.ueta.eu/resources/Hygienerichtlinien_2017_de.pdf